Mit Absinth und Sagrotan

 

Eines kann man vorneweg sagen: Die Ökobilanz der Motive in den Bildern von Axel Brandt ist ausgeglichen. Zumindest was die Auswahl anbelangt, die er gegenwärtig in der Galerie Knecht und Burster zeigt. Zwar sind da etliche Glühbirnen der klassischen Bauart ausgestellt, echte Stromfresser im Gigaformat. Aber den - viruellen- Energieverbrauch macht er durch Malereien von mechanischen Schreibmaschinen wett,also von Gerätschaften,die lediglich die Kraft ihrer Benutzer verbrauchen.

Axel Brandt hat an der Düsseldorfer Kunstakademie bei Dieter Krieg (1937 bis 2005) studiert, einem der wichtigsten, wenngleich etws unterschätzten Maler seiner Generation. Krieg thematisierte die schon von Platon beklagte Lügenhaftigkeit der Malerei. Für den griechischen Philosophenerzeugten Maler nichts weiter als "Phantasmen" oder "Traumbilder", die obendrein die Wirklichkeit verfälschen, wenn etwa ein dreidimensionaler, mithin greifbarer Gegenstand in die Fläche eines Bildes übersetzt wird und dabei ein Teil seiner Realität (etwa die Rückseite) unterschlagen wird. An Krieg hätte er womöglich seine Freude gehabt, jedenfalls insofern, als der Künstler alles tat, um den Illusionismus der Malerei zu zerstören. Krieg malte rüde, rotzig, roh, schlenkerte die Farbe auf die Leinwand oder quetschte die satt aufgetragene Farbmasse mit Plexiglasscheiben. Bloss nichts Gefälliges, bloss kein schöner Schein.

Diese Haltung hat Krieg durchaus fruchtbringend an seine Studentinnen und Studenten weitergegeben, wie die Arbeiten von Axel Brandt belegen. Brandt ist seinem Lehrer insofern verpflichtet, als er - wie Krieg - möglichst unedle, jedenfalls billige Objekte als Motive wählt. Bei Knecht und Burster sind das neben den alten Schreibmaschinen und Glühlampen Klobürsten, eine Toilettenpapierrolle oder auch ein Urinal, jener Gegenstand, der einst durch Marcel Duchamp zu einer Ikone der Konzeptkunst wurde: 1917 hat der französische Künstler eine Sanitärkeramik mit falschem Namen signiert und zu einer Ausstellung eingereicht. Auch mit solchen Assoziationen spielt Brandt offenbar, denn das ist die eigentliche Quintessenz hinter diesen Malereien: ihr Hintersinn.

Auf den setzt nicht zuletzt der Titel der Ausstellung: "Maler des Lichts". Das ist Brandt allemal, aber nicht so, wie man das gemeinhin verstehen würde: er malt weder Morgenröte, Tageslicht oder nächtlichen Mondschein, widmet sich auch nicht flackernder Gasbeleuchtungwie die Impressionisten, sonder er gibt Glaskörper wieder, mit denen sich Licht erzeugen lässt. Aber "Maler des Lichts" lässt sich auch auf Vincent van Gogh beziehen, dem gern dieses Atribut beigegeben wird. Tatsächlich findet sich dessen Konterfei auf zwei Bildern - als Etikett auf Absinth-Flaschen.

Lidl-Tüten, Feuerlöscher und auch mal ein Sagrotan-Fläschchen gehören ebenfalls zum Bildrepertoire Brandts. Das Tolle: All diese Stillleben aus dem Wasserspülungszeitalter sind mit einer Mischung aus erfrischender Verve und souveräner Ironie gemalt. Mit lockerer Hand und klarer Konzeption nutzt Brandt den Fundus malerischer Techniken mit dem Ergebnis, das kritische Reflexion in sinnliches Vergnügen übergeht und umgekehrt die Lust am Sehen das Denken stimuliert.

 

Michael Hübl Badische Neue Nachrichten 8.2.2020