Ludwigs Welt

Städtische Galerie Kaarst

 

Diese Ausstellung ist die zweite Präsentation des Malers hier in Kaarst und vielleicht haben einige von Ihnen bereits die Arbeiten von Axel Brandt gesehen, die 1992 als Meisterschüler von Dieter Krieg gezeigt hat.

 

In den vergangenen zwölf Jahren hat Axel Brandt einen sehr spezifischen Umgang mit dem Medium Malerei erarbeitet. Er verfügt souverän über das gesamte Repertoir von flächig ausgreifender Malweise mit locker gesetzter dünnflüssiger Farbe bis hin zur gestischen Struktur. Oftmals setzt er Akzente in sehr pastoser Farbe, die auf die Bildfläche gespritzt und gedrückt wird. Diese Form reiner Malerei bleibt bei Axel Brandt jedoch bewusst gegenständlich, inhaltlich interpretierbar, wobei kennzeich-nend eine gehörige Portion Ironie ist, mit der Brandt sich selbst und den Betrachterin Frage stellt. Große Formate und gegenständliche Malerei sind bei Brandt nicht in der Weise der heftigen Malerei der achziger Jahre zu verstehen, sondern zeigen Brüche und Distanz der Malerei als individuellem Ausdruck gegenüber. Dabei bleibt der Stil jedoch unverkennbar persönlich, ebenso wie die Themen eng an die eigene Auseinandersetzung mit Wirklichkeit gebunden ist.

 

In den letzten Jahren hat Axel Brandt in den Werkgruppen der „Blaskapellen“, „Boote“, „Wohnwagen“, und „LKWs“ als mobile Behausungen die Suche nach einer neuen Definition von Heimat hinter den Stereotypen ausgelotet. Immer ließen sich dabei Bezüge zu Axel Brandts eigener Verortung erkennen, denn Blaskapellen und Alpenpanoramen sind keine wahllosen Motive: Axel Brandt stammt aus Ulm. Auch die vielfältigen Vehikel sind durch Namen an ihm verbundene Personen gebunden, sind also Portraits im weitesten Sinne. In dieser Ausstellung wird der Kreis noch enger gezogen, denn wir stehen in einem begehbaren Familienbild und die Hauptperson ist Ludwig, sein Sohn.

 

Ludwigs Welt, in die wir eingeladen wurden, ist zunächst sehr sinnlich. Im Titel klingen Erinnerungen an bekannte Buch- und Ausstellungstitel wie „Sophies Welt“ oder „Ludwigs Lust“ an. Genau zwischen diesen Polen, der Wahrheitssuche und der Sinnlichkeit, können wir uns bewegen.

 

Frontal im Blick beherrscht die Mutterbrust, vor deren Bild in überdimensionaler Präsens wir uns unversehens selbst wieder wie Däumlinge fühlen, den Raum. Der Säugling (Ludwig) steht in einem großen Doppelportrait im Zentrum, in der Raummit-te. Ludwigs Welt ist also bestimmt durch elementar sinnliche Nahrungsaufnahme, verkörpert durch die Mutterbrust. Verwachsen ist das Kind mit dem Vater, wobei sich für den Nicht-Eingeweihten kaum entscheiden lässt, wer Kind und wer Vater ist, da sich das Doppelbildnis aus zwei Kinderköpfen in etwa dem selben Alter zusammen-setzt. Beide Jungen, die sich recht ähnlich sind, strahlenden Betrachter wonnig an,wobei sich hier das beliebte Spiel der Betrachter kleiner Kinder, wem es denn nun ähnlicher sei – dem Vater oder der Mutter – gegen den Betrachter kehrt. Das zentrale Bildobjekt Axel-Ludwig/Ludwig-Axel lässt sich nur im Umschreiten komplett wahrnehmen. Die Hälften sind zusammengewachsen und bilden ein Endlosbild, bei dem sich die Frage nach der Ähnlichkeit schon bald gar nicht mehr stellt. Die Mutter taucht ohnehin nicht en face auf.

 

Dieses Familienbild wirkt zunächst schelmisch auf den Punkt gebracht: Vaters Ebenbild und Mutters Säugling. Die starke und kontrastreiche Farbigkeit und die Monumentalität der Bilder beeindrucken den Betrachter zunächst ohne Distanz, um allerdings unmittelbar darauf zu provozieren: Die Installation ruft Unbehagen und Widerspruchsgeist hervor, denn das Familienbild läuft allen Stereotypen zuwider.